Industrie 4.0 & IoT, Digitalisierung, ERP

Digitaler Zwilling in der Produktion

Torsten Harnack

Mit der Technologie des digitalen Zwillings können Hersteller ihre Produkte, Maschinen und sogar ganze Fabriken virtuell abbilden. Infolgedessen ist das Konzept des industriellen Metaverse entstanden, in dem virtuelle Systeme die realen Systeme widerspiegeln. Künstliche Intelligenz, digitale Zwillinge, Sensoren und vieles mehr kommen im industriellen Metaverse zusammen, um Simulationen zu erstellen, die Informationen für reale Aktionen liefern. Fertigungsunternehmen können digitale Zwillingssimulationen nutzen, um neue Produktionstechniken und -systeme zu testen und zu validieren, bevor sie in der realen Welt implementiert werden. Dadurch wird das Risiko kostspieliger Fehler verringert.

Warum setzen Unternehmen auf digitale Zwillinge?

Als virtuelles Abbild eines realen Objektes kann der digitale Zwilling in kürzester Zeit komplexe Szenarien simulieren. Herkömmliche Methoden, bei denen zunächst realisiert und dann Versionen über Versionen optimiert werden, sind ungleich aufwendiger. Der Digitale Zwilling eröffnet eine neue Welt der Möglichkeiten, denn der Zwilling kann nicht nur Produkte sondern auch Prozesse und komplexe Systeme abbilden.

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Wie entsteht ein digitaler Zwilling?

Die Umsetzung von digitalen Modellen beginnt mit dem Sammeln von Daten, deren Analyse und der Ableitung von Erkenntnissen. Das physische Objekt wird in Hinblick auf von so vielen Parametern erforscht, die sinnvoll sind. Wenn möglich, werden Sensoren ins physische Objekt integriert, Protokolldateien ausgewertet und diese um Informationen aus den verfügbaren Quellen angereichert. Alle gesammelten Daten werden in das virtuelle Modell mithilfe von KI-Algorithmen eingespeist.

Die Herausforderung ist heute weniger die Verfügbarkeit von leistungsfähiger Infrastruktur oder Werkzeugen, sondern vielmehr das passende Team für die Analyse und Verbesserung der Modelle bereitzustellen. Neben den interdisziplinären Insidern aus der Produktion und Produktentwicklung werden Data Scientists benötigt, die beispielsweise die Algorithmen auswählen und justieren. Es handelt sich durchweg um rare Talente und angesichts der hohen Dynamik in diesem Umfeld ist nicht gewährleistet, dass das, was heute Gold ist, morgen benötigt wird.

Verfügbarkeit von Daten und deren Verlässlichkeit sind nach wie vor eine Herausforderung für die digitale Transformation in der mittelständischen Prozessindustrie. Relevante Informationen werden oft gar nicht digital erfasst, performant bereitgestellt oder im korrekten Kontext gesehen. Der Erfolg eines Digitalen Zwillings steht und fällt bereits mit der erfolgreichen Transformation der Daten.

Digitaler Zwilling für mehr Nachhaltigkeit

Der European Green Deal macht die digitale Nachverfolgbarkeit von Produkten verpflichtend. Ab 2026 werden mittelständische Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern gemäß der EU Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten verpflichtet. Darüber hinaus wird der digitale Produktpass eingeführt, der über den gesamten Lebenszyklus hinweg Daten bereitstellt, um Recycling und Wiederverwertung zu erleichtern.

Der Digital Twin gewinnt in diesem Kontext an Bedeutung und das nicht nur zur Verbesserung der Performance und Lebensdauer von Objekten. Durch die Integration von Daten aus verschiedenen Quellen wie Engineering, Wertschöpfungskette und Kundenanwendung entsteht ein umfassenderes Bild. Ein solch angereicherter Digital Twin kann, wie beim digitalen Produktpass gefordert, den gesamten Produktzyklus in seiner Vielfalt abbilden. Dies ermöglicht Unternehmen, einen ganzheitlichen Ansatz für Nachhaltigkeit und Effizienz zu verfolgen.

Mit Microsoft Azure einen Digitalen Zwilling realisieren

Die technische Erstellung eines Digitalen Zwillings gestaltet sich weniger kompliziert, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Mithilfe des Azure Digital Twin Explorers wird zunächst ein Modellgraf mit den Eigenschaften des betreffenden Objektes erstellt. Dieser Modellgraf wird im Anschluss in einen konkreten Digital Twin umgewandelt. Bereits vorhandene 3D-Modelle werden integriert und das Objekt in verschiedenen Szenarien getestet. Zugleich führt man Lebenszyklusdaten aus unterschiedlichen Quellen zusammen.

Azure Digital Twin ermöglicht die nahtlose Verbindung von Ressourcen, einschließlich von IoT-Geräten, mithilfe verschiedener Azure-Dienste. Um auf Ereignisse zu reagieren, wenn Daten von einem IoT-Gerät empfangen werden, können automatisierte Workflows Aktionen im Azure Digital Twin auslösen. Azure Digital Twin bietet REST-APIs, die es ermöglichen, Daten von IoT-Geräten weiterzugeben oder mit Geschäftssystemen wie einem ERP-System zu interagieren. Darüber hinaus bieten weitere Azure-Technologien wie Power Apps die Möglichkeit, einen digitalen Produktpass zu generieren.

Fazit: Digitaler Zwilling im industriellen Metaverse

Gemäß einer Analyse von iot-analytics.com (März, 2023) arbeiten aktuell 63 % der befragten Hersteller an der Entwicklung eines digitalen Zwillings oder haben konkrete Pläne dazu. Der Nutzen für die Hersteller ist beträchtlich, den Digitale Zwillinge können die datengesteuerten Entscheidungsprozesse insbesondere in der Produktion erheblich verbessern. So sind Digitale Zwillinge mit ihren realen Gegenstücken vor Ort verbunden. Hersteller können die Technologie der digitalen Zwillinge nutzen, um den Zustand des Produktes, des Prozesses oder eines Systems nicht nur zu verstehen, sondern auch auf Veränderungen zu reagieren, den Betrieb zu verbessern und einen übergreifenden Mehrwert im industriellen Metaverse zu schaffen.

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Autor:
Torsten Harnack
Industry Manager Process | COSMO CONSULT Würzburg