Collaboration

Wir sind ja doch nur Herdentiere – wie sich Teamphasen auf ein Projekt auswirken

Peter Burghardt12.11.2019
cc_blog wir sind ja doch nur herdentiere

Ich bin mit einer Reiterin verheiratet und wer in der gleichen Situation ist, weiß, dass man dann schon etwas Zeit auf Reiterhöfen verbringt. Das ist die perfekte Aktivität, um dem Alltag zu entfliehen, aber man kann daraus auch etwas für das Arbeitsleben oder das Leben im Generellen lernen.

Vor einigen Jahren kam ein neues Pferd in den Stall. Als wir auch am Reiterhof waren, wurde dieses neue Pferd zum ersten Mal zur Herde gelassen. Was da abging war sehr interessant. Das Pferd wurde auf die Koppel gelassen und dann wurde erst einmal etwas beäugt und beschnuppert. Aber es hat nicht lange gedauert, als es nach kurzer Zeit in der Herde richtig rund ging. Da wurde getreten, gebissen, ausgeschlagen und gejagt. Dem Neuen wurde so richtig gezeigt, wo sein Platz in der Herde ist. Nach einiger Zeit wurde es ruhiger und man hörte nur noch ein Quietschen oder Wiehern. Nämlich dann, wenn ein „Alter“ dem Neuen ein paar Herdenregeln erklärt hat. Nach ein paar Tagen war alles wieder ok und hätte man nicht gesehen, wie das neue Pferd zur Herde kam, wäre es nicht zu erkennen gewesen, dass da auch tatsächlich ein neues Pferd in der Herde ist.

Ob Bruce Tuckman auch mit so einer Reiterin verheiratet war und er dementsprechend auch eine derartige Szene erlebt hat, weiß ich leider nicht. Aber was er trotzdem auf die Straße gebracht hat und die Situation vergleichbar beschreibt, ist sein Modell zum Teambuilding: Die Teamphasen nach Tuckman.

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Das Modell wurde bereits 1965 entwickelt und enthält nach einer Anpassung im Jahr 1977 fünf Teamphasen:

  1. Forming
  2. Storming
  3. Norming
  4. Performing
  5. Adjourning

Jedes Team durchläuft diese fünf Phasen.

Die Forming-Phase: Hey, wer bist denn du?

Die Forming-Phase beschreibt das erste Zusammentreffen des Teams. Sie ist die Einstiegs- und Findungsphase, gekennzeichnet durch Unsicherheit und Verwirrtheit. Man weiß noch nicht, wie man sich einordnen soll und kennt auch seine Teamkollegen noch nicht. Man muss sich also erst beschnuppern und seine Gruppenzugehörigkeit absichern.

Die Storming-Phase: Das ist mein Gebiet!

In der Storming-Phase wird begonnen Reviere abzustecken und es können Konflikte auftauchen, besonders bei dominanten Tieren – sorry – Personen. Oftmals kommt es zu Unstimmigkeiten über das Setzen von Prioritäten, besonders wenn die Teammitglieder unterschiedliche Ziele verfolgen. Diese Phase ist kritisch für das Team. Machtkämpfe um die Führungsrolle und den Status in der Gruppe sind Gang und Gäbe. Läuft diese Phase schief, kann es sogar so weit gehen, dass das Team defacto nicht arbeitsfähig ist.

Die Norming-Phase: Was dürfen wir und was sollen wir?

In der Norming-Phase werden die Regeln und Normen im Team diskutiert, festgelegt und ein Arbeitsmodus gefunden. Jeder im Team hat seine Rolle gefunden und nun wird vermehrt kooperiert. Harmonie und Akzeptanz werden Teil des Projektvorgehens und jeder wendet sich verstärkt seiner Aufgabe zu. Ist diese Phase abgeschlossen, ist das Team in der Performing-Phase.

Performing-Phase: Fangen wir endlich richtig an!

Tatsächlich effizient Arbeiten und produktiv werden ist Ziel der Performing-Phase. Das Team geht offen miteinander um, unterstützt sich gegenseitig und setzt auf Kooperation. Voraussetzung dafür ist aber die erfolgreiche Durchführung der drei Phasen zuvor.

Adjourning-Phase: Das war’s dann mit dem gemeinsamen Projekt, oder?

Die Adjourning Phase beschreibt das Auflösen des Teams. Diese Phase wurde erst im Jahre 1977 von Tuckman zum Phasenmodell ergänzt. Manche Teammitglieder sind traurig, dass das Projekt zu Ende geht und sie sich wieder ihren Tagesgeschäftsaktivitäten widmen. Wichtig ist, dass man Teammitglieder für ihre Aufgaben lobt, über passierte Fehler spricht und den Erfolg dann gemeinsam genießt.

Was hat das jetzt aber mit Herdentieren zu tun?

Für mich gibt es hier eindeutige Parallelen zu Tierherden. Auch Herden sind erst nach den ersten drei Phasen fähig als Herde zu funktionieren. Wäre ich ein Raubtier, würde ich darauf warten, dass ein neues Tier in die Herde kommt. Eine Herde in der Storming-Phase wird beim Fluchtversuch wahrscheinlich im Chaos enden, anstatt koordiniert zu flüchten oder sich zu verteidigen.

Das Modell wirkt recht einfach. Das Problem ist nur leider, man kann nicht einfach einen Haufen Menschen in einen Raum stecken, ihnen sagen, sie sollen ein Team sein und erwarten, dass sie gleich von Beginn an auch tatsächlich produktiv sind. Jedes Team durchläuft diese fünf Phasen und das ist anstrengend für die Teams. Es ist wichtig, dass Teams – egal ob Projektteams, Produktteams oder welche Teams auch immer – dabei begleitet werden.

Bei Projekten ist es die Aufgabe des Projektmanagers oder des Scrum Masters das Team zu unterstützen ein Team zu werden und zu erkennen, wenn es Probleme gibt. Das ist auch ein Grund, warum der Projektstart so essenziell für das Team und den Erfolg des Projekts ist. Hier hat man die beinahe einzige Chance ein Team zu bekommen, dass auch wirklich gerne zusammenarbeitet, motiviert ist und hohe Leistung bringt.

Agile Projekte sind hier klassischen Projektvorgehen im Vorteil, da der Scrum Master in seiner Rolle hohes Augenmerk auf die Zusammenarbeit und Dynamiken des Teams legt und gegebenenfalls auch Interventionen setzt.

Training

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Fazit

Also, wenn Sie in einem Projekt das Problem haben, dass der Output nicht so ist, wie geplant oder das Team nicht gut zusammenarbeiten kann, dann überlegen Sie einmal, ob das Team nicht in einer Teamphase feststeckt und Hilfe braucht, um sich weiterzuentwickeln. Oft braucht es Fingerspitzengefühl und Mut, die richtigen Interventionen zu setzen. Scheuen Sie sich aber nicht Konflikte anzusprechen, denn anders kann man sie nicht lösen. Retrospektiven eignen sich hervorragend zum Aufarbeiten von Problemen innerhalb des Teams – auch wenn es dann einmal etwas ruppiger zugeht und man sich eher in einer Tierherde vermutet…

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Autor:
Peter Burghardt
Project Manager